in Kooperation mit: Ursula Kose, Gustav Lebhart, Stephan Marik-Lebeck

Ausgangslage. Die bisherige Entwicklung von Eisenerz wurde wesentlich von der ökonomischen Inwertsetzung des Erzbergs bestimmt. Seine reduzierte wirtschaftliche Bedeutung hat auch die wirtschaftlichen Perspektiven für einen Großteil der Bevölkerung reduziert und einen Schrumpfungsprozess ausgelöst.

Konzept & Methode. Während bisherige Lösungsansätze stets einer wachstumsorientierten Logik folgten, beruht das vorgeschlagene Konzept auf einer parallelen, komplementären Umsetzung mehrerer auf einander abgestimmter Strategien. Die Schrumpfungsprozesse werden als Möglichkeit der Konzentration gesehen, in der Ressourcen gebündelt und neue Frei- und Entfaltungsräume sichtbar gemacht werden. Diese können als Experimentierfelder zukünftiger gesellschaftlicher Entwicklungen neu bewertet werden.

Lokale Potenziale. Die Erinnerung der lokalen Geschichte und lokaler Traditionen im Bergbau, kann zu einer Grundlage für die Erhaltung bestehender Substanz werden, wie z.B. einem Ausbildungszentrum für Handwerksberufe mit angeschlossenem Übungszentrum für alte Fertigungsmethoden. Die im Bergbau gelebte Solidarität kann zur idealen Voraussetzung für die Entwicklung und Erprobung zukünftiger intergenerativer Wohnformen und Versorgungsstrukturen werden. Das Erkennen der lokalen Potentiale geschieht durch formelle und informelle Öffentlichkeitsbeteiligung, wie Informationsveranstaltungen, BürgerInnenversammlungen, Arbeitsgruppen, Workshops, Zielgruppenwerkstätten, Netzwerkaufbau, moderierte Gespräche und Mediation, in denen lokale Potenziale identifiziert und gemeinsam Entwicklungsoptionen definiert werden.

Lokale Strategie der Zukunftssicherung. Schrumpfung und Substanzerhaltung werden verknüpft, die durch Ressourcenaktivierung und Revitalisierungsfelder bestehende Potenziale der Bevölkerung genutzt und durch Leistungstransfer und Experimentierfelder Zukunftsperspektiven für verschiedene Bevölkerungsgruppen geschaffen, die Impulse für eine selbsttragende Regionalentwicklung setzen. So können bestehende Leerräume den baulichen Rahmen für das Experimentieren mit neuen Formen von Solidarität (z.B. Nachbarschaftshilfe) und des (intergenerativen) Zusammenlebens bieten. Die Siedlungsstruktur und der Wohnstandort bieten Entfaltungsspielräume für diverse kleinräumige Implantate, wie sanften Tourismus, Lehrlings- und Handwerksausbildung, Betreuungs-, Erholungs- und Versorgungseinrichtungen.

Entwicklungsoptionen
Körper + Natur Erleben. Die Tradition körperlicher Arbeit im Bergbau in Eisenerz stärkt das Bewusstsein für den Körper, die motorischen Fähigkeiten und das Risikobewusstsein. Zugleich bietet die vielfältig strukturierte natürliche Umgebung der Stadt zahlreiche Möglichkeiten für zielgruppen-spezifische Angebote im sanften Tourismus (Familien- und Wanderurlaub, Individual- und Extremsport, burn-out-Rekonvaleszenz). Die dafür notwendige Begleit-Infrastruktur (spezifische medizinische Betreuung, Physiotherapie) deckt parallel auch die Bedürfnisse in der Altenbetreuung und –pflege ab.
Solidarität erleben. Solidarisches Handeln ist im Bergbau unverzichtbar und hat in Eisenerz auf Grund der langen Bergbaugeschichte Tradition. Eine Neuinterpretation dieser Solidarität kann vielfältige Handlungsmöglichkeiten eröffnen, etwa in der Einrichtung von Fahr- und Transportgemeinschaften, Tauschbörsen (etwa „Hilfe gegen Hilfe“). Zudem sind Wohn- und Arbeitsräume üblicherweise ein knappes Gut. Die in Eisenerz vorhandenen Leerstände eröffnen hingegen Spielräume für die Stadtpolitik und die BewohnerInnen selbst. Durch die Schaffung von Entfaltungsräumen für die Bewohner (Gemeinschaftsräume, Treffpunkte, Initiativen) kann die leerstehende Bausubstanz mit neuen Nutzungen gefüllt und damit zumindest im Bestand erhalten werden. Die Auffüllung von Leerständen in der erhaltenswerten Bausubstanz kann aber auch durch kostenlose Vergabe von „Frei“räumen zur Existenz- und Familiengründung erfolgen (Tausch „Wohn- und Arbeitsraum gegen Lebensmittelpunkt“).